Was ist Chemsex?

Was ist Chemsex?

Mehr Ausdauer, intensivere Gefühle und ein Hauch von Gefahr – Sex auf Drogen klingt für manche nach einem besonderen Kick. Was zunächst aufregend und lustvoll erscheint, kann jedoch gefährliche Konsequenzen haben, denn mit dem Rausch schwindet oft die Kontrolle. Chemsex lautet der Begriff für dieses Phänomen, das in den letzten Jahren immer häufiger diskutiert wird. In diesem Blogpost klären wir auf: Was genau verbirgt sich hinter Chemsex, wer praktiziert es, welche Drogen kommen dabei zum Einsatz und welche Risiken sollten keinesfalls unterschätzt werden?

Der Begriff Chemsex setzt sich aus „chemical“ und „Sex“ zusammen – es geht also um Sex unter Einfluss von chemischen Drogen. Geprägt wurde der Ausdruck um 2001 vom britischen Aktivisten David Stuart. Gemeint ist damit der gezielte Konsum bestimmter synthetischer Drogen während oder vor sexuellen Handlungen, um Lust und Ausdauer zu steigern. Unter dem Einfluss dieser Chems werden sexuelle Erlebnisse intensiver wahrgenommen und oft über Stunden oder sogar Tage ausgedehnt.

Chemsex wurde zunächst vor allem in der homosexuellen Partyszene beobachtet und ist dort bis heute weltweit verbreitet. Chemsex wird vor allem von Männern praktiziert, die Sex mit Männern (MSM) haben, insbesondere in Großstädten mit lebendiger Club- und Dating-Kultur. Die Deutsche Aidshilfe schätzt, dass in Metropolen bis zu 20 % der schwulen/bisexuellen Männer immer oder fast immer unter Einfluss stimulierender Substanzen Sex haben. Doch Chemsex kommt nicht nur in LGBTQ-Kreisen vor: Auch heterosexuelle Partygänger experimentieren mitunter mit Drogen beim Sex, wenn auch seltener so gezielt organisiert. Inzwischen wird das Phänomen sogar außerhalb der Großstädte beobachtet, etwa in ländlichen Regionen Deutschlands und Österreichs. Dating-Apps wie Grindr und einschlägige Online-Foren erleichtern es, Partner und Chems für solche Treffen zu finden, was die Verbreitung in den letzten Jahren begünstigt hat.

Chemsex umfasst meist eine kleine Auswahl an Substanzen. Es handelt sich typischerweise um starke Stimulanzien oder sedierende Mittel, welche die sexuellen Gefühle intensivieren. Die gängigsten Chemsex-Drogen sind:

Crystal Meth (Methamphetamin): Ein starkes Aufputschmittel, das Libido und Ausdauer massiv steigert. Crystal Meth macht sehr schnell abhängig und hält Konsumierende teils über mehrere Tage wach. Es unterdrückt Müdigkeit sowie das Durstgefühl, was gefährlich werden kann, da der Körper unbemerkt dehydriert und erschöpft.

Mephedron (4-MMC): Ein synthetisches Amphetamin (auch als „Badesalz“ bekannt), das euphorisierend und enthemmend wirkt. Mephedron verleiht Energie und steigert das Verlangen, hat aber ein ähnlich hohes Suchtpotenzial und kann Herz-Kreislauf-Probleme verursachen. Auch Schlafentzug und drogeninduzierte Psychosen sind als Folgen von Langzeitkonsum möglich.

GHB/GBL („Liquid Ecstasy“): Ein sedierendes Liquid, das Entspannung, Wohlgefühl und intensives Lustempfinden auslösen kann. GHB (Gamma-Hydroxybutyrat) und sein Vorläufer GBL gelten als besonders tückisch, weil schon eine geringfügige Überdosierung zu Bewusstlosigkeit oder Atemlähmung führen kann. Tatsächlich gehen die meisten Chemsex-Todesfälle auf GHB-Überdosierungen zurück. Zudem macht GHB bei regelmäßigem Konsum schnell körperlich abhängig – ein abrupter Entzug kann lebensgefährlich sein.

Weitere Substanzen: Gelegentlich kommen auch andere Drogen zum Einsatz, etwa Ketamin, Kokain oder Poppers. Diese wirken jedoch unterschiedlich und gehören nicht zum Kern des Chemsex; Poppers zum Beispiel dauern nur wenige Minuten und werden eher begleitend genutzt.

Was ist Chemsex | Poppers

Die Kombination aus Rausch und Sex übt für viele einen besonderen Reiz aus. Laut Deutscher Aidshilfe erhoffen sich Chemsex-Nutzer vor allem mehr Erfüllung, Durchhaltevermögen und Selbstsicherheit beim Sex. Unter Drogen fühlen sie sich oft völlig enthemmt und selbstbewusst, Scham oder Unsicherheit verschwinden. Hemmungen, etwa aufgrund der eigenen Sexualität oder des Körperbilds, fallen weg, was für manche ein Beweggrund ist. Chemsex findet häufig in Gruppen oder auf speziellen Chemsex-Partys statt, wo ein Gefühl von Gemeinschaft und Abenteuer entsteht. Dazu kommt der Kick, über viele Stunden, bisweilen ein ganzes Wochenende, nahezu pausenlos Sex haben zu können.

So verlockend das High auch sein mag, Chemsex ist ein riskantes Spiel mit der Gesundheit. Die Risiken für Körper und Psyche sind erheblich. Hier die wichtigsten Gefahren im Überblick:

  • Überdosierung: Chemsex-Drogen belasten Herz und Kreislauf enorm. Eine zu hohe Dosis kann Krampfanfälle, Kollaps oder Atemstillstand auslösen.
    Besonders GHB/GBL ist gefährlich: Schon minimal zu viel führt leicht zur Bewusstlosigkeit, und tatsächlich gehen die meisten Chemsex-Todesfälle auf GHB-Überdosierungen zurück.
  • Abhängigkeit: Stimulanzien wie Crystal Meth oder Mephedron machen psychisch sehr schnell abhängig. Oft muss die Menge ständig erhöht werden, um denselben Effekt zu erzielen. Auch körperliche Abhängigkeit ist möglich, insbesondere GHB kann schon nach kurzem Konsum einen schweren Entzug verursachen.
  • Psychische Probleme: Nach dem Rausch folgt oft ein seelisches Tief. Depressionen und Angstzustände sind bei vielen Konsumenten keine Seltenheit. Bei exzessivem Konsum (und fehlendem Schlaf) können zudem akute Wahnvorstellungen und Paranoia auftreten. Solche drogeninduzierten Psychosen sind extrem belastend und können im schlimmsten Fall zu Suizidgedanken führen.
  • Sexuell übertragbare Infektionen: Unvorsichtiger Sex unter Drogeneinfluss birgt ein drastisch erhöhtes Risiko für HIV und andere STIs. Viele Chemsex-Konsumenten infizieren sich mit HIV oder Hepatitis, begünstigt durch riskantes Verhalten im Rausch. In Großstädten wurden steigende HIV-Neuinfektionen direkt mit Chemsex-Partys in Verbindung gebracht.
  • Soziale Folgen: Intensiver Chemsex-Konsum kann das Leben aus der Bahn werfen. Beziehungen und Freundschaften leiden, wenn sich alles nur noch um den nächsten Rausch dreht. Beruf und Alltag werden vernachlässigt; Isolation kann die Folge sein. Manche Betroffene verlieren ohne Drogen die Fähigkeit, sexuelle Nähe zu genießen.

Chemsex mag aufregend klingen, doch der Preis kann hoch sein. Die Mischung aus Sex und Drogen bleibt riskant für Körper und Seele. Letztlich trägt jeder selbst die Verantwortung: Wer mit Chemsex experimentiert, sollte die Risiken kennen, Vorsichtsmaßnahmen treffen (Safer Sex, nicht überdosieren, Pausen für Wasser und Schlaf einlegen) und Warnsignale ernst nehmen.

Dieser Beitrag will weder verteufeln noch verherrlichen, sondern ehrlich informieren – und bei Bedarf können spezialisierte Beratungsstellen (etwa Aidshilfen oder Suchtkliniken) Unterstützung bieten. So bleibt der Spaß im Rahmen und aus einem kurzen Rausch wird kein langfristiges Leid.

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